Sie versprachen Fortschritt – das Gegenteil war der Fall

Nachdem die Ampelkoalition nach drei Jahren Regierung implodiert ist, hat der Wahlkampf in gewohnter Manier begonnen. Während die SPD und Grünen plötzlich wieder über Soziales sprechen, konzentriert sich die FDP weiterhin voll und ganz auf ihre Zielgruppe. Das Auftreten der Politiker hat sich eine einzige große Orgie der Peinlichkeiten entwickelt.

Alev Bahadir

Nachdem viele heitere Selfies geschossen wurden, schlossen die drei Ampelparteien ihren Koalitionsvertrag mit der Überschrift „Mehr Fortschritt wagen – Bündnis für Freiheit, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit“. Die Mission deutlich: nach Jahren des „Stillstands“ unter Merkel, in deren 16 Jahren Regierungszeit übrigens zwölf Jahre die SPD und vier Jahre die FDP Koalitionspartner waren, wolle die Dreierrunde „Fortschritt“ und „Erneuerung“. Von Anfang an war diese Koalition jedoch nicht die beste Lösung für alle Beteiligten. Während die SPD zwar schon unter Willy Brandt und Helmut Schmidt mit der FDP und unter Gerhard Schröder schon mit den Grünen koaliert hatte, gab es auf Bundesebene bisher noch keine Ampelkoalition. Doch der bunte und fortschrittliche Anstrich konnte nicht täuschen. Von Beginn an war diese Regierung weder fortschrittlich, noch gerecht, frei oder nachhaltig.

Bürgergeld statt Hartz IV, Armut gestiegen, Mindestlohn zu niedrig

Auf Inszenierungen hat sich die Regierung ausgezeichnet verstanden. Im Wahlkampf kündigte allen voran die SPD an, Hartz IV, das sie selbst in ihrer Regierung mit den Grünen auf den Weg gebracht hat, zu reformieren. Im Koalitionsvertrag stand: „Anstelle der bisherigen Grundsicherung (Hartz IV) werden wir ein Bürgergeld einführen. Das Bürgergeld soll die Würde des und der Einzelnen achten, zur gesellschaftlichen Teilhabe befähigen sowie digital und unkompliziert zugänglich sein.“

Im Vergleich wird jedoch deutlich, dass die Veränderungen vor allem kosmetischer Natur waren. Der Regelsatz beim Bürgergeld beträgt mittlerweile 563 Euro, statt 449 bei Hartz IV. Sanktionen werden nach wie vor verhängt. Regelmäßig werden von CDU usw. Verschärfungen gefordert, so dass bald sicherlich kein einziger Unterschied außer dem Namen mehr vorhanden sein wird. Würde und gesellschaftliche Teilhabe sind mit 114 Euro mehr im Monat sicherlich nicht gegeben. Ähnlich ist auch die Bilanz bei anderen Versprechen. Mit 17,7 Millionen Menschen, die von Armut betroffen sind, leben ein Fünftel der Bevölkerung in sozialer Ausgrenzung. U.a. ist der monetäre Schwellenwert bei zwei Erwachsenen mit zwei Kindern unter 14 Jahren bei 33.106 Euro im Jahr. Auch die beschlossene Kindergrundsicherung wurde ohne die nötige Absicherung eingeführt und bleibt somit auch ein Lippenbekenntnis. So auch der Schutz von Rentnern, denn unter ihnen ist die Armutsbetroffenheit besonders hoch. Auch der Mindestlohn mit 12,41 Euro (erhöht von 10,45 Euro auf 12 Euro durch die Ampel) sichert kein Leben, in dem soziale Teilhabe möglich und Existenzängste ausgeschlossen sind.

Militarisierung, Krieg und soziale Kürzungen

Große Investitionen kündigte die Ampel zu Beginn ihrer Regierung an. Es solle in Bildung, Wissenschaft und Klimaschutz investiert werden, um Innovation zu fördern. Dabei zeigen vor allem die vergangenen zwei Jahre, das an genau den Stellen, die am dringendsten Förderung benötigen, gespart wird: in der Bildung, im Klimaschutz und im Sozialen. Stattdessen wird die von Kanzler Scholz (SPD) mit dem Beginn des Ukrainekriegs angekündigte „Zeitenwende“ immer weiter vorangetrieben. Hohe Investitionen in die Aufrüstung, die Diskussion um die Wiedereinführung der Wehrpflicht, massive Rüstungsexporte in Kriegsgebiete, die Erreichung des 2-Prozent-Ziels der NATO und das Bundeswehr Sondervermögen zeigen: Deutschland setzt seine Pläne, auch endlich militärisch eine führendere Rolle auf der Welt zu spielen, immer weiter um. „Kriegstüchtig werden“ nannte es „Verteidigungs“-Minister Boris Pistorius (SPD) treffend. Deutschland mischt in allen großen Kriegen und Konflikten auf der Welt “feministisch” mit, um die eigenen Interessen und Märkte zu sichern, wie Außenministerin Baerbock es nannte. Auch die fortdauernde Kriminalisierung von Kriegsgegnern und palästina-solidarischen Aktiven zeigt alles andere als eine Regierung, die Demokratie, Freiheit und Gerechtigkeit verspricht.

Hetze gegen Geflüchtete, Anwerbung von Migranten, Abschottung der EU-Grenzen

Die sich als kosmopolitisch und vielfältig darstellenden Ampel-Parteien haben die Trennlinien nur deutlicher gemacht: für das Kapital verwertbare Migranten, die für einen niedrigen Lohn arbeiten, sind herzlich willkommen. Deshalb auch Migrationsabkommen mit Ländern, wie Kenia oder Indien und die Verkürzung der Aufenthaltszeit für die Erlangung der deutschen Staatsbürgerschaft oder die Einführung der doppelten Staatsbürgerschaft für z.B. türkische Staatsbürger. Der demografische Wandel kann laut dem Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) nur einigermaßen abgedeckt werden, wenn es eine jährliche Nettozuwanderung von 400.000 Arbeitskräften nach Deutschland gibt. Das bedeutet, nach Abzug derjenigen, die Deutschland verlassen, müssen 400.000 jährlich bleiben. Insbesondere mit dem stagnierenden Wirtschaftswachstum gerät die Politik unter größeren Druck, die Interessen der Unternehmen zu erfüllen. Das bedeutet billige Arbeitskräfte, härtere Regelungen für Beschäftigte, mehr Entlassungen. Das bedeutet auch, dass die Arbeiterklasse weiterhin gespalten bleiben muss. Deshalb werden nicht-verwertbare Migranten, wie Kriegsgeflüchtete, kriminalisiert und „im großen Stil abgeschoben“. Ein Prozess, der sich durch ganz Europa zieht.

Platz frei!

Im internationalen Konkurrenzkampf und der Jagd nach dem höchstmöglichen Profit erwartet das Kapital eine deutlich aggressivere Politik. Stefan Wolf, Präsident des Arbeitgeberverbands Metall, äußerte das wie folgt: „Deutschland braucht eine Wirtschaftswende. Dafür braucht es eine Richtungsentscheidung und handlungsfähige Mehrheiten. Daher sollten so schnell wie möglich Neuwahlen stattfinden“. Es brauche zudem „große, ambitionierte Maßnahmen“, wie von der FDP vorgeschlagen. Der nächste Bundeskanzler wird mit sehr großer Wahrscheinlichkeit Friedrich Merz heißen. Die Union hat bereits jetzt die Fortführung des Deutschlandtickets in Zweifel gezogen, mehr Sanktionen gegen Bürgergeldempfänger gefordert und eine aggressivere Migrationspolitik angekündigt. Die Bilanz der Ampel sind drei Jahre Hetze, Krieg und Angriffe auf die werktätige Bevölkerung. Sie hat den Weg geebnet für eine Politik, die all das nur noch intensivieren wird.

  

 

Kaynak: Yenihayat.de

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