Ich konnte es kaum fassen, in meinem Alter noch umziehen zu müssen

 Ich konnte es kaum fassen, in meinem Alter noch umziehen zu müssen

Paulas erschütternde Geschichte ihrer Eigenbedarfskündigung steht stellvertretend für die vielen älteren Menschen, die sich in ähnlichen Situationen befinden.

Ein Kommentar von Kalle Gerigk.

Paula lebt seit 70 Jahren in ihrer gemütlichen Zwei-Zimmer-Wohnung im Kölner Stadtteil Mülheim. 1955 zog sie zusammen mit ihrem Mann Peter und ihrer Tochter Helga hier ein, in eine Zeit, die noch von den Folgen des Zweiten Weltkriegs geprägt war. „60 DM Miete waren damals viel Geld, aber die Wohnung war ein großes Glück in einer Stadt, die nach dem Krieg noch zu kämpfen hatte“, erinnert sich Paula. Schon damals war es schwer ein Zuhause zu finden.

In den vielen Jahren, die sie in der Wohnung verbrachte, sammelte sich ein wahrer Schatz an Erinnerungen. Karneval, Familienfeiern, und die zahlreichen Reisen mit Peter nach Las Vegas, Moskau oder Tokio – all diese Erlebnisse wurden in der Wohnung zu wertvollen Momenten, die Paula in ihrem Herzen bewahrte. „Peter wollte nie so weit reisen, er war eher der gemütliche Typ, aber für mich hat er immer mitgemacht“, erzählt sie schmunzelnd. Besonders die Karnevalszeit war für die Familie immer etwas Besonderes: „Peter war Karnevalist bei Jan von Wert, und bei uns ging es immer rund, wenn die Mülheimer Schiffer Jungen vorbeikamen.“

Doch das Leben hatte auch dunkle Seiten für Paula. 2009 starb Peter nach einer langen Krankheit, und 2021 folgte ihre Tochter Helga, ebenfalls nach einer schweren Erkrankung. Der Verlust war für Paula hart, doch sie blieb in der Wohnung, die immer ein Stück Heimat für sie war.

Doch dann, an Heiligabend 2024, erhielt Paula einen Brief, der ihr den Boden unter den Füßen wegreißen sollte. Eine Kündigung wegen Eigenbedarfs – die Vermieterin wollte die Wohnung für sich selbst beanspruchen. „Ich konnte es kaum fassen. In meinem Alter noch umziehen? Wo soll ich denn hin? Für ein Altersheim fühle ich mich noch viel zu fit. Diese Wohnung hier ist mein Zuhause!“ Paula war erschüttert. Die Vorstellung, nach all den Jahren, die sie in dieser Wohnung verbracht hatte, nun einfach ausziehen zu müssen, traf sie hart. Ihre Wohnung war nicht nur ein Ort zum Wohnen, sondern ein Ort voller Erinnerungen, an den sie sich gebunden fühlt.

Die Kündigung war ein Schock für Paula, aber auch für ihre Nachbarn. Die Nachricht verbreitete sich schnell und viele zeigten ihre Solidarität. „Eine Nachbarin hat geweint, als sie hörte, dass ich weg soll. Andere sagten: Wenn Paula hier weg muss, dann ziehen wir auch weg“, erzählt Paula. Es ist offensichtlich, wie sehr sie von der Gemeinschaft geschätzt wird. Sie ist nicht nur eine Nachbarin, sondern ein fester Bestandteil ihres Viertels.

Paula ist eine Frau, die sich trotz aller Verluste und Herausforderungen immer wieder ein Lächeln bewahren kann. Ihre Lebensfreude und ihr Humor haben sie durch viele schwere Zeiten getragen.

Jetzt steht Paula vor einer ungewissen Zukunft. Wird sie ihre geliebte Wohnung tatsächlich verlassen müssen? Die rechtliche Situation ist noch nicht geklärt, aber eines steht fest: Paula ist eine sehr starke Frau und wird nicht so schnell aufgeben. Ihre Nachbarn stehen hinter ihr, und sie weiß, dass sie einen Platz in den Herzen der Menschen hat, die sie kennen.

Ältere Menschen, die jahrzehntelang in ihrer Wohnung leben, haben in ihrem Zuhause nicht nur ein Dach über dem Kopf, sondern auch ein Stück Lebensgeschichte, das untrennbar mit diesem Ort verbunden ist. Gerade im Alter, wenn gesundheitliche oder körperliche Einschränkungen oft ein Umziehen zusätzlich erschweren, sollten sie vor der Belastung einer Eigenbedarfskündigung geschützt werden.

In Ländern wie Frankreich oder Schweden hat man erkannt, wie wichtig es ist, besonders schutzbedürftige Personen zu unterstützen, und schützt ältere Mieter vor solchen Kündigungen, um ihre Lebensqualität und Sicherheit zu gewährleisten. Ein ähnlicher Schutzmechanismus für Deutschland wäre eine sinnvolle Ergänzung zu den bestehenden Mietrechtsregelungen, um vor allem auch den älteren Generationen ein Gefühl der Sicherheit zu geben. Niemand sollte in hohem Alter und nach vielen Jahren in einem vertrauten Zuhause gezwungen sein, sich mit der Ungewissheit eines Umzugs oder gar einer Zwangsräumung auseinanderzusetzen.

Ein Gesetz, das Eigenbedarfskündigungen für Personen ab einem bestimmten Alter oder mit besonderen gesundheitlichen Problemen untersagt würde auch dazu beitragen, dass ältere Menschen nicht aus ihrem gewohnten Umfeld herausgerissen werden. Das wäre nicht nur ein Akt des sozialen Miteinanders, sondern auch eine Frage der Menschlichkeit und der Wahrung der Menschenwürde im Alter.

Die Schaffung eines solchen Gesetzes könnte langfristig dazu beitragen, die Lebensqualität von älteren Menschen zu verbessern und ihnen den Respekt und die Anerkennung zu geben, die sie verdienen. Es würde auch verhindern, dass finanzielle oder wirtschaftliche Interessen über das Wohl der Menschen gestellt werden.

Es ist zu hoffen, dass Paulas Geschichte zu einer breiteren Diskussion über den Schutz älterer Menschen führt – und darüber, wie wichtig es ist, dass gesetzliche Rahmenbedingungen diese Menschen besser absichern.

  

 Kaynak: Yenihayat.deRead More

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