Frauenhäuser müssen Schutzräume bleiben
Eine Frau, die zuvor Schutz vor ihrem gewalttätigen Partner in einem Hamburger Frauenhaus gesucht hatte, wurde mit ihren zwei jungen Kindern nach Österreich abgeschoben. Ein weiterer Tabubruch, nachdem in Hamburg erst wenige Wochen zuvor erstmals das Kirchenasyl gebrochen wurde. Wenige Tage vor dem 25. November, dem Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen und Mädchen, zeigt sich einmal mehr, dass der Schutz vor Gewalt nicht gesichert ist.
Jara Hamdorf
Bei einem Routinetermin in der Ausländerbehörde wurde die 28-jährige Bewohnerin eines Hamburger Frauenhauses gemeinsam mit ihren beiden Kindern, sechs und acht Jahre alt, in Gewahrsam genommen und nach Österreich abgeschoben. Nachdem der Asylantrag der Frau zuvor abgelehnt wurde, wollte sie bei ihrem Termin in der Behörde ihre Aufenthaltspapiere verlängern. Zuvor hatte sie zudem bereits mitgeteilt, freiwillig in die Türkei zurückzukehren. In der Pressemitteilung der Autonomen Hamburger Frauenhäuser sprechen die Mitarbeiterinnen von einem „menschenunwürdigen Vorgehen“ gegenüber der Familie. Außerdem musste die junge Frau den Beamten die geheime Adresse des Frauenhauses mitteilen. Die Geheimhaltung der Adresse ist der wichtigste Pfeiler, damit Frauenhäuser geschützt sind. Durch diese brutale Abschiebepraxis gefährdet der rot-grüne Senat das Wohl der Frau und ihrer Kinder. Der Schutzbedarf der jungen Mutter wurde komplett übergangen. Mittlerweile wurden die junge Frau und ihre Kinder in eine Unterkunft in Österreich gebracht, zu der ihr gewalttätiger Ex-Partner Zugang hat. Von einem Schutz vor Gewalt kann hier nicht mehr die Rede sein. Der Bundesverband der Migrantinnen in Deutschland erklärt zu dem Fall: „Diese menschenunwürdige Abschiebepraxis ignoriert den Schutzbedarf von Frauen und Kindern mit Flucht- und Migrationsgeschichte vor Gewalt und stellt auch eine Bedrohung der Frauenhäuser dar“. Weiterhin macht der Verband klar: „Die Ampel-Koalition hat abgedankt und keines ihrer Versprechen eingelöst. Aber wir werden weiterhin an unseren Forderungen festhalten“ und fordert u.a. ein Gewalthilfegesetz für alle.
Wenige Wochen zuvor wurde ebenfalls in Hamburg erstmals das Kirchenasyl gebrochen und ein junger Mann aus Afghanistan aus der Kirchengemeinde, die ihm Schutz geboten hat, nach Schweden abgeschoben. Bei diesen Fällen sehen wir deutlich, dass der Staat mit immer mehr Härte zugreift und auch vor einstigen Schutzorten keinen Halt macht, um Abschiebungen durchzusetzen. Die Abschiebung aus dem Hamburger Frauenhaus stellt somit eine neue Eskalationsstufe dar und es zeigt sich nur wenige Tage vor dem 25. November, dem Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen und Mädchen, dass es keinen ausreichenden Schutz vor Gewalt gibt. Das Asylgesetz muss auch gewährleisten, dass man vor gewalttätigen Lebensumständen geschützt ist!
Schutz vor Gewalt ist in Deutschland unzureichend
Der Schutz vor Gewalt ist in Deutschland in allen Bereichen unzureichend. Seit 2018 gilt in Deutschland die Istanbul-Konvention zum Schutz des Lebens von Frauen und Mädchen. Trotzdem steigen die Zahlen häuslicher Gewalt stetig. Während im letzten Jahr jeden dritten Tag ein Femizid gezählt wurde, wird mittlerweile jeden zweiten Tag eine Frau in Deutschland von einem Partner oder Ex-Partner ermordet. Jeden Tag findet ein versuchter Femizid statt. Diese sind meist der Höhepunkt einer Gewaltspirale, in denen die Frauen bereits Opfer von häuslicher Gewalt oder beispielsweise Stalking wurden. Frauen, die in einem Frauenhaus Schutz suchen, müssen sicher sein. Im Schutzraum eines Frauenhauses sollte gewährleistet werden, dass den Betroffenen eine Möglichkeit geboten wird, in einen sicheren Alltag zurückzukehren. Das ist für viele Frauen ohnehin erschwert, weil es kaum bezahlbaren Wohnraum gibt und viele nicht finanziell unabhängig sind. Frauen sind häufiger im Niedriglohnsektor beschäftigt, verdienen weniger und arbeiten häufiger in Teilzeit, weil es so leichter ist, sich parallel um den Haushalt und die Kindererziehung und Pflege von Angehörigen zu kümmern und der Mann häufig mehr verdient. So werden Frauen immer mehr in die ökonomische Abhängigkeit von Männern gedrängt. Das Zuhause ist der gefährlichste Ort für eine Frau und Gewalt geht häufig von Familienmitgliedern und (Ex-)Partnern aus. Das zeigt einmal mehr auf, wie notwendig Schutzräume von Frauen sind!
Frauenrechte weltweit in Gefahr
In Zeiten von Krisen und sozialer Unsicherheit nehmen Frauenfeindlichkeit und Gewalt gegen Frauen zu. Hinzu kommt ein Staat, der in dieser schwierigen Situation an Investitionen in Aufklärung, Präventionsarbeit und Betreuungseinrichtungen spart und stattdessen die Mittel im Sozialbereich kürzt. Der Schutz von Frauen wird so bewusst vernachlässigt. Wir müssen uns dagegen wehren, dass Femizide immer noch als Eifersuchtsmorde oder tragische Folgen von Beziehungsdramen dargestellt werden und immer wieder fordern, dass Geld für den Schutz von Frauen in die Hand genommen wird. Die zunehmenden Angriffe auf das Asylrecht sind nicht losgelöst von diesen Entwicklungen zu sehen. Während scheinheilig von einer „feministischen Außenpolitik“ gesprochen wird, werden Schutzsuchende und Frauen, die vor Gewalt in der Partnerschaft fliehen, abgeschoben.
Gleichzeitig bringt die sich immer weiter zuspitzende ökonomische Situation vor allem auch für Frauen große Herausforderungen mit sich. Die deutsche Wirtschaft ist allen voran in Branchen, wie der Pflege oder der Kindererziehung, auf neue Arbeitskräfte angewiesen. Der demografische Wandel, aber auch die desaströsen Arbeitsbedingungen in diesen und vielen anderen Berufen, sorgen für einen chronischen Mangel an Beschäftigten. Nicht umsonst wurden u.a. mit Indien Abkommen geschlossen, um die Versorgung mit Pflegekräften nach Deutschland sicherzustellen. Vor allem in den Frauen-dominierten Berufen werden Frauen aus aller Welt in die Bundesrepublik geholt, um hier für niedrige Löhne und unter schlechtesten Bedingungen zu arbeiten. Doch nicht nur unsere Arbeitskraft soll ausgebeutet werden, sondern auch unser Körper. Es ist kein Zufall, dass ausgerechnet jetzt, wo die der Gürtel enger geschnallt wird und rechte und rückschrittliche Kräfte überall an Stärke gewinnen, auch unsere erkämpften Reche auf dem Prüfstand stehen. Sei es unser Recht auf Schwangerschaftsabbrüche oder das Recht auf ein Leben ohne Gewalt. Die Frau, die ohnehin für die gesellschaftliche Reproduktion zuständig ist, soll ihre Selbstbestimmung aufgeben und neue Arbeitskräfte auf die Welt setzen. Auch in Deutschland sind Schwangerschaftsabbrüche nicht straffrei und Kämpfe den betreffenden Paragraphen aus dem Gesetzbuch zu streichen, hatten zwar bis dahin keinen Erfolg, dennoch zeigen sich die Frauen kampfbereit.
Jedes Jahr am 25. November gehen weltweit Millionen Frauen auf die Straßen, um gegen Gewalt und für ein sicheres Leben von Frauen zu demonstrieren. Die aktuelle politische Situation wird die Angriffe auf die Werktätigen, insbesondere auf die werktätigen Frauen, noch weiter verschärfen. Umso mehr Gründe gibt, es sich dagegen zu wehren und gemeinsam für Gleichberechtigung und gegen Gewalt zu kämpfen.
Kaynak: Yenihayat.de
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